Der deutsche Wortschatz von A1 bis B2

Der deutsche Wortschatz von A1 bis B2
Der deutsche Wortschatz von A1 bis B2
Der Wortschatz der deutschen Standardsprache umfasst ca. 75.000 Wörter,die Gesamtgröße des deutschen Wortschatzes wird je nach Quelle und Zählweise auf 300.000 bis 500.000 Wörter bzw. Lexeme geschätzt. So gibt Duden Deutsches Universalwörterbuch an, der Wortschatz der Alltagssprache werde auf etwa 500.000, der zentrale Wortschatz auf rund 70.000 Wörter geschätzt.Das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm (1852–1960) wird auf ca. 350.000 Stichwörter geschätzt;Wahrig (2008) gibt im abgedruckten Vorwort zur Neuausgabe 2006 an, dieses einbändige Wörterbuch enthalte über 260.000 Stichwörter. Solche Angaben geben Aufschluss darüber, wie groß der deutsche Wortschatz mindestens geschätzt werden muss.
Diese Wörterbücher enthalten jedoch nur geringe Anteile der vielen Fachwortschätze und sind auch insofern unvollständig, als Ableitungen und Komposita nur teilweise aufgenommen werden und aktuelle Neubildungen naturgemäß fehlen. Ein entscheidendes Kriterium für die Aufnahme von Wörtern ist ihre Verwendungshäufigkeit und Gebräuchlichkeit; ausgeschlossen werden solche Wörter, die aus einfachen zusammengesetzt sind und sich bei Kenntnis ihrer Bestandteile von selbst verstehen lassen.
Damit ist klar, dass der Wortschatz insgesamt noch wesentlich größer sein muss; die Angabe von 500.000 Wörtern ist kaum übertrieben. Nimmt man die fachsprachlichen Terminologien hinzu, ist mit mehreren Millionen Wörtern zu rechnen. Allein die Fachsprache der Chemie enthält nach Winter (1986) rund 20 Millionen Benennungen. Vor diesem Hintergrund erscheint Lewandowskis Bemerkung: „Der Gesamtwortbestand des Deutschen wird auf 5 bis 10 Millionen Wörter geschätzt. als noch zu tief gegriffen. In einem Textkorpus des Deutschen im Umfang von 1 Milliarde Wörtern des 20. Jahrhunderts wurden „knapp unter 5 Millionen Lexeme (…)“ beobachtet. Da dieses Korpus zwar wissenschaftliche Texte enthält, aber nur wenig fachspezifische Terminologie, ist klar, dass dieser korpusbezogene Wert den tatsächlichen Wortschatzumfang unterschätzt; unklar ist allerdings, in welchem Maße. Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik und Leiter des „Digitalen Wörterbuchs der Deutschen Sprache“ Wolfgang Klein schätzt den deutschen Wortschatz auf 5,3 Millionen Wörter.
Wortschatz in anderen Sprachen
Dazu führt Wolff (1969: 48) aus: „Neuere Schätzungen geben für den englischen Wortschatz eine Zahl von 500.000 bis 600.000 Wörtern an, der deutsche liegt knapp darunter, der französische bei etwa 300.000 Wörtern.“Man darf daraus nicht schließen, das Französische sei eine wortarme Sprache. Der Unterschied ist in erheblichem Maße auf die unterschiedliche Art der Wortbildung zurückzuführen: Dem deutschen Wort „Kartoffelbrei“/„Erdäpfelpüree“ (Ein neues Wort) entspricht im Französischen purée de pommes de terre (eine Wortgruppe, bestehend aus fünf Wörtern).
In Wörterbüchern der estnischen Literatursprache werden im 20. Jahrhundert um die 120.000 Wörter aufgeführt.
Wortschatz und Wortformen
Die Zahl der Wörter (Wortschatz) ist nicht mit der Zahl der Wortformen zu verwechseln. Durch Flexion kann in flektierenden Sprachen aus den Grundformen vieler Wörter ein Mehrfaches an Wortformen entstehen, im Deutschen zum Beispiel erheblich mehr als in dem die Flexion langsam verlierenden Englischen.
Die Häufigkeitsverteilung von Wörtern und Wortformen lässt sich mit dem Zipfschen Gesetz beschreiben.
Wortschatzerweiterung und -verlust
Der Wortschatz einer Sprache ist keine statische Größe; er ist vielmehr in ständiger Veränderung begriffen. Einerseits gehen Bezeichnungen für Gegenstände verloren, die allmählich außer Gebrauch geraten. So wird wohl der Ausdruck Rechenschieber mit der Zeit aus dem Sprachgebrauch verschwinden, da die Leistung des so bezeichneten Geräts heute von Taschenrechner und Computer übernommen wird. Oft werden auch Gegenstände auf Kosten der alten Bezeichnung neu benannt, wie dies mit der Ersetzung von „Elektronengehirn“ durch „Computer“ geschehen ist.[12] Andererseits müssen immer wieder neue Gegenstände benannt werden, was mit Hilfe der Wortbildung oder der Übernahme von Fremdwörtern bewältigt wird. Diese Prozesse des Verlusts oder der Zunahme von Wörtern unterliegen einem Sprachgesetz, dem Piotrowski-Gesetz.
Zusammensetzung des Wortschatzes
Nur ein geringer Teil des Wortschatzes, den man in einem beliebigen Wörterbuch verzeichnet findet, besteht aus einfachen, nicht weiter zerlegbaren Wörtern wie etwa „Bach“, „Hut“ oder „Sand“; viele dagegen sind Ableitungen wie „sand-ig“ oder Komposita wie „Bachlauf“ oder „Hutkrempe“. Hier lässt sich die Frage stellen, ob es eine elementare Menge von Einheiten gibt, aus denen Wörter bestehen. Man muss in dieser Hinsicht zwischen drei Arten von Einheiten unterscheiden: elementare Einheiten, aus denen Wörter bestehen können, sind einerseits phonetische (lautliche) Einheiten: Silben, andererseits Morphe/Morpheme – das sind alle die Bestandteile von Wörtern, die eine grammatische Funktion oder eine Bedeutung haben –, ferner elementare Wörter wie die drei genannten, die zugleich eine Silbe, ein Morph/Morphem und ein Wort sind.
Mit wie vielen solcher Einheiten ist also zu rechnen? Eine erste Annäherung kann gegeben werden: So verweist Karl Bühler darauf, dass in einem Wörterbuch von 30.000 Stichwörtern rund 2.000 „Sinnsilben“ gefunden wurden. Dabei ist nicht ganz klar, ob mit „Sinnsilbe“ nur Bedeutungsträger oder auch Träger einer grammatischen Funktion gemeint sind. Davon einmal abgesehen gibt Bühler noch den Hinweis, dass er auf 30 Seiten von Goethes Wahlverwandtschaften 1.200 „Sinnsilben“ gefunden habe und für den gesamten Roman mit rund 4000 Sinnsilben rechnet.
In etwa die gleiche Dimension reichen Hinweise von Menzerath, der ein Aussprachewörterbuch des Deutschen mit 20.453 Stichwörtern analysierte und dabei 2.245 einsilbige Wörter fand, die ja zugleich aus einer Silbe und einem Morph/Morphem bestehen.
Ein weiterer Hinweis findet sich bei Klein, der ausführt, dass Wortfamilien im Deutschen auf 8.000–9.000 Wortstämmen beruhen.
Man kann daraus schließen, dass der deutsche Wortschatz auf einige tausend elementare Einheiten zurückgeführt werden kann.